• 03 MAI 13
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    Tinnitus, ein Alarmzeichen Ihres Körpers

    Tinnitus, ein Alarmzeichen Ihres Körpers

    bild1381218775_dr_zenkel40629817c76a9Dr. med. M. Zenkel, Facharzt für HNO im Ärztehaus Harlaching, beantwortet häufige Fragen zum Tinnitus:

    Was versteht man unter Tinnitus?
    Menschen, die unter Tinnitus leiden, nehmen einen Ton oder ein Geräusch wahr, welches objektiv nicht existiert. Dabei kann es sich um Geräuschphänomene handeln, die nur ein Ohr oder aber beide Ohren betreffen. Diese Töne können sich recht vielgestaltig äußern, wie z. B. in einem Sausen, Rauschen, Knacken, Brummen, Pfeifen oder Zischen, und sie können sich auch verändern (z. B. je nach Tageszeit). Auch eine Hörverminderung und auch Schwindel können mit einem Tinnitus einhergehen.

    Warum entwickelt sich Tinnitus?
    Die Erkrankung wird vermutlich aufgrund von Durchblutungsstörungen der kleinsten Blutgefäße im Innenohr verursacht (sog. Mikrozirkulationsstörungen). Es gibt mehrere Faktoren, die Tinnitus auslösen können. So werden heute Stress-Situationen und Lärmbelästigung für etwa die Hälfte der Erkrankungsfälle verantwortlich gemacht. Auch andere Erkrankungen des Ohres, wie z. B. Mittelohrentzündungen, Verletzungen des Trommelfells, Tumoren oder auch harmloses Ohrenschmalz können ursächlich sein. Außerdem nehmen eine Reihe von systemischen Erkrankungen Einfluss auf Tinnitus-Erkrankungen, so z. B. Stoffwechselerkrankungen (Diabetes), Erkrankungen der Wirbelsäule oder hirnorganische Krankheiten (z.B. multiple Sklerose).

    Welche Untersuchungen sind notwendig? 
    Prinzipiell ist eine frühe Vorstellung beim HNO-Arzt anzuraten. Hier sollte innerhalb der ersten 24Stunden eine Untersuchung erfolgen. Die Inspektion des Ohres, der Ausschluss von auslösenden Entzündungen, auch der Nasennebenhöhlen, des Rachens oder Kehlkopfes ist notwendig; eventuell auch eine Abklärung der Kiefergelenke und Halswirbelsäule. Dann sind umfassende Hörtests erforderlich, um den Schweregrad des Tinnitus einzuschätzen und eventuelle Hörminderungen auszuschließen. Spezielle computergestützte Verfahren der Neurootlogie (OAE, BERA) können dem HNO-Facharzt Rückschlüsse auf die Innenohrhaarzellfunktion und die Leitfähigkeit des Hörnervs des Patienten geben. Ergänzend sind evtl. Gleichgewichtstests durch den HNO-Arzt durchzuführen. Je nach den erhaltenen Befunden müssen bei einigen Patienten auch Untersuchungen beim Augenarzt, Neurologen und Orthopäden veranlasst werden. Ergibt sich der Verdacht auf eine hirnorganische Erkrankung, so werden noch bildgebende Verfahren (CT, MRT) durchgeführt.

    Wie kann Tinnitus behandelt werden? 
    Falls eine Ursache gefunden werden kann, orientiert sich die Therapie zunächst daran (z. B. Vermeidung von Stress-Situationen oder Lärm).

    Auch der zeitliche Verlauf und der Schweregrad der Erkrankung beeinflussen die Behandlungsplanung: So unterscheiden die HNO Spezialisten unter akutem Tinnitus, wenn dieser weniger als 3 Monate besteht, subakutem Tinnitus, wenn dieser zwischen 3 Monaten und 1 Jahr besteht. Als chronisch ist das Ohrgeräusch zu bezeichnen, wenn es länger als 1 Jahr besteht. Des Weiteren unterscheidet man, ob Tinnitus kompensiert ist, d.h. zwar wahrgenommen wird, aber ncht als sonderlich störend und lästig, oder ob Tinnitus dekompensiert ist, also die Lebensqualität einschränkt, Angstzustände, Schlafstörungen oder Depressionen auslöst und einen hohen Leidensdruck hinterlässt.

    Bei akutem Tinnitus wird versucht, die Durchblutung und die Sauerstoffversorgung des Innenohrs zu fördern, kortisonhaltige Medikamente (auch als Infusionen verabreicht) können mögliche Entzündungen und durch Sauerstoffmangel bedingte Schwellungen der kleinsten Innenohrzellen eindämmen. Dabei ist es wichtig, dass die Behandlung möglichst bald, am besten noch am Tag der ersten Beschwerden begonnen wird. Nicht immer muss sofort mit Infusionen begonnen werden, je nach Ausmaß der Untersuchungsbefunde ist auch eine Tablettentherapie möglich.

    Bei subakutem oder chronischem Tinnitus sind medikamentöse Behandlungen nicht mehr aussichtsreich. Hier versucht man durch eine Umstellung der Lebensweise eine Besserung der Beschwerden zu erreichen. So fördern Stressabbau und Ruhe den Heilungsprozess, der auch durch Entspannungstechniken (z. B. autogenes Training) und Lärmmeidung unterstützt werden kann. Darüber hinaus können spezielle Hörsysteme den Tinnitus überdecken (Tinnitusmasker). Eine exakte Anpassung dieser Hörsysteme kann im Rahmen der sog. Tinnitus-Retraining-Therapie erfolgen, die über einen Zeitraum von mehreren Monaten abläuft. Diese spezielle Therapie hat eine Habituation, d.h. eine Gewöhnung an den Tinnitus und seine Beherrschung im Alltag zum Ziel. Diese Maßnahme ist bei einigen Patienten recht erfolgreich.
    Falls eine deutliche Hörverminderung bei den Tinnituspatienten vorhanden ist, können Hörgeräte eingesetzt werden.

    Welche Komplikationen können auftreten?
    Ein kleiner Teil der Patienten (2,4%) gewöhnt sich nicht an die Ohrengeräusche und leidet in der Folge unter Schlafstörungen, Angstzuständen, Kopf- und Magenschmerzen oder Depressionen. Diese Symptome können sehr belastend sein, so dass die Betroffenen psychologische Unterstützung benötigen. Einschränkungen in der täglichen Lebensführung und Berufsausübung sind hier häufig.

    Wie ist die Prognose?
    Bei akutem Tinnitus, der frühzeitig behandelt wird, sind die Chancen auf Heilung recht gut. Mit der Dauer der Erkrankung und vor allem je später nach Beginn eines Tinnitus überhaupt eine Behandlung in die Wege geleitet wird, sinken die Heilungschancen und die Gefahr eines subakuten bzw. chronischen Krankheitsverlaufs nimmt zu. Bei diesen Patienten verbleibt der Tinnitus häufig dauerhaft. In diesen Fällen können aber die bereits erwähnten Therapien und der Einsatz von Hörhilfen eine deutliche Linderung der Beschwerden und Verbesserung der Lebensqualität bewirken.

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